Bundesweite Initiative "Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform

und für eine einheitliche, systematische Rechtschreibung"

OStR Manfred Riebe, Max-Reger-Str. 99, 90571 Schwaig bei Nürnberg

Spendenkonto "Lehrer-Initiative gegen RS-Reform": Hypobank Nürnberg BLZ 760 202 14, Konto 237 705 3004


Pressemitteilung


Aufklärungsserie: "Die Lehrerinitiative informiert

die Bevölkerung über die sog. Rechtschreibreform"

 

Teil 12:


  • Maulkorb und Pressezensur für Hauptschullehrer,
Chefredakteur einer Schülerzeitung, wegen Aufklärung über die Rechtschreibreform!
  • Grober Verstoß eines Volksschulrektors und Schulamtes
gegen die Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit und das Petitionsrecht!
  • Angst vor Veröffentlichung der wahren Meinung der Lehrer?

Norbert Schäbler, Rosenstr. 12, 63768 Hösbach, Tel.-Fax: (06021) 55 07 05, ist Lehrer an der Hauptschule Laufach in Unterfranken. Seit sieben Jahren berät er hauptverantwortlich die Schülerinnen und Schüler des Redaktionsteams der Schülerzeitung. Hin und wieder hat er auch eigene umfangreichere Beiträge in der Schülerzeitung veröffentlicht. Nie wurde dies beanstandet. Mit der Umsetzung der Rechtschreibreform hatten er und etliche Kollegen ihre Schwierigkeiten. Dann las Schäbler die Schrift des Sprachwissenschaftlers Theodor Ickler (Erlangen) "Rechtschreibreform auf dem Prüfstand", und in dessen sprachwissenschaftlicher Kritik der Rechtschreibreform fand er seine Beobachtungen bestätigt. Deshalb wurde er Mitglied der bundesweiten Initiative "Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform und für eine einheitliche, systematische Rechtschreibung". Dies gab er mit Schreiben vom 9. Mai 1997 dem für ihn zuständigen Staatlichen Schulamt im Landkreis Aschaffenburg (Schulrat Stickler) bekannt, das Schulamt möge eine Diskussion über den Sinn dieser Reform in Gang bringen. In einem Schreiben vom 13. Mai an das für ihn nicht zuständige Staatliche Schulamt der Stadt Aschaffenburg (Schulrat Hanke) hielt Schäbler außerdem den Hauptinhalt eines Telefongesprächs mit Schulrat Hanke fest: "Sie gaben mir den Rat, nicht innerhalb des ÎHoheitsbereichesÌ (dazu gehören schulische Räumlichkeiten) des Kultusministeriums zu ÎagitierenÌ. Ausschließlich die politische Ebene stünde mir zur Verfügung, und auch hier sei Zurückhaltung angeraten, was beispielsweise die bedenkenlose Nennung meiner Berufsausübung (Lehrer) in Zusammenhang mit meiner Meinungsäußerung angeht." Schäbler wies Hanke auf seine Grundrechte auf Meinungs- und Informationsfreiheit und sein Petitionsrecht hin: "Vorab werde ich versuchen, meine Argumente mit den Kollegen ... auszutauschen. Es sei denn, durch das staatliche Schulamt wird ein schriftliches (begründetes) Verbot meines Grundrechtes erwirkt."

Fortan benutzte er zunächst mit Einverständnis des Rektors das Schwarze Brett, um für die Petition der Lehrerinitiative an den Bundestag und die Landtage auf Rücknahme der Rechtschreibreform zu werben. Dann entwarf er für die 72-seitige Schülerzeitschrift als seinen Beitrag neun Seiten Informationen über die Rechtschreibreform mit kritischen Stellungnahmen. Alle Beiträge in der Schülerzeitung wurden in der noch gültigen alten Rechtschreibung verfaßt. Am 20. Mai 1997 sandte Schäbler einen Brief an Kultusminister Hans Zehetmair, gab sich als Rechtschreibreformgegner zu erkennen und bat ihn als "Hüter der Kultur", vom Ausverkauf der deutschen Sprache Abstand zu nehmen. Mit Schreiben vom 30. Mai von Ministerialrat Hahn erhielt er zur Antwort, daß die Reform eingehend erörtert und entschieden sei. Daraufhin schrieb Schäbler am 6. Juni an Zehetmair und Hahn, er gehöre nun auch dem Vorstand des am 31. Mai neu gegründeten "Vereins für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege" an. Er werde dem Minister demnächst seine Veröffentlichungen in der Schülerzeitung der Volksschule Laufach zusenden. Wörtlich: "Ich bin gespannt auf Ihre Reaktion. ... Allerdings fühle ich mich bestätigt durch die Anregungen zum Thema ÎLeitbildÌ. Sehr geehrter Staatsminister, wagen Sie mehr Demokratie!!" Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Am 11. Juni verbot ihm der Rektor im Auftrag des Staatlichen Schulamtes im Landkreis Aschaffenburg (Schulrat Stickler), weiterhin das Schwarze Brett zu benützen und verfügte am 12. Juni den Produktionsstopp der Schülerzeitung, die bereits am 4. Juni der Druckerei ausgehändigt worden war. Bei Anruf des Rektors in der Druckerei am 12. Juni um 8.15 Uhr war der komplette Druck bereits abgeschlossen. Im folgenden verfügte der Rektor die Herausnahme aller neun Seiten über die Rechtschreibreform aus der Schülerzeitung. Im Fall Schäbler spitzt sich das Verhalten der Schulbürokratie dramatisch zu. Jedoch ist Norbert Schäbler im Gegensatz zu anderen Kollegen bereit, über seinen Fall öffentlich zu sprechen.

 

Als Lehrerinitiative stellen wir fest, daß ein Schulleiter selbstverständlich ein gewisses Zensurrecht bei einer Schülerzeitung hat, aber nur soweit sich darin Inhalte befinden, die gegen Rechtsvorschriften, z.B. Strafgesetze verstoßen. Insoweit hat er einen Anspruch auf Entfernung oder Korrektur solcher Passagen. Keineswegs ist er berechtigt, ohne Begründung und ohne Nennung der Rechtsgrundlage eine aufklärende Abhandlung über die Rechtschreibreform insgesamt aus einer Schülerzeitung zu entfernen, um Kritik zu unterdrücken, die in einer streitbaren, wehrhaften Demokratie notwendig und erwünscht ist. Weitere sechs Seiten Beiträge Schäblers, die andere Themen betrafen, mußte er nicht herausnehmen. Es handelt sich daher um einen reinen Willkürakt. Ähnliches trifft auf das Verbot von Anschlägen am Schwarzen Brett zu. Diese Dienstanweisungen des Rektors und des Staatlichen Schulamtes sind ein rechtliches und demokratisches Armutszeugnis und ein grober Verstoß gegen die Art. 5 und 17 GG, d.h. gegen die Grundrechte auf Meinungs-, Informations-, Presse- und Petitionsfreiheit. Durch derartige Maßnahmen wird bestätigt, daß auf Grund des negativen Vorbildes der Kultusminister kleine Rechtschreibdiktatoren wie Pilze aus dem Boden emporgeschossen sind, als willige Vollstrecker eine Meinungsdiktatur ausüben und deshalb in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat eine sehr fragwürdige Rolle spielen und als Pädagogen ungeeignet und untragbar sind.


Gisa Berger, Gesamtschulrektorin, Berlin; Hanno Blohm, Fachleiter Deutsch, Seesen; Prof. Dr. Theodor Ickler, Universität Erlangen-Nürnberg; Stephanus Peil, Westerburg; Manfred Riebe, OStR, Schwaig bei Nürnberg; Dr. phil. Gerd Witzke, OStR, Nürnberg.


Schwaig, den 14.06.1997

Manfred Riebe, OStR, stellvertretend unterzeichnet für die oben Genannten


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